Presse/News | Neuer Schwung bei Retail-Immobilien: Gastro, Hybridkonzepte, Dienstleister und viele Newcomer
▪ Strukturwandel in Einkaufsstraßen und Einkaufszentren beschleunigt sich
▪ Online-Player werden zu quantitativ relevanten Nachfragern
▪ Neuflächenproduktion bleibt auf niedrigem Niveau
Die Vermietungsaktivitäten auf dem Markt für Einzelhandelsimmobilien haben ihre Schwächephase überwunden und mittlerweile ein überdurchschnittlich hohes Niveau erreicht. Die Nachfrage nach pandemiebedingt freigewordenen Flächen an guten Standorten ist ausgesprochen stark und in überdurchschnittlichen Lagen kommt es daher auch bereits wieder zu deutlichen Rückgängen bei den Leerstandsraten.
Der heute veröffentlichte Geschäftsflächenbericht 2021/22 von EHL Immobilien zeigt, dass dadurch auch der Strukturwandel in den österreichischen Einkaufsstraßen und Einkaufszentren beschleunigt wird: „Handel ist bekanntlich immer Wandel, aber so rasch wie zurzeit gerade sind Veränderungen noch selten erfolgt“, erklärt Mario Schwaiger, Einzelhandelsspezialist bei der EHL Gewerbeimmobilien GmbH. „Corona hat Chancen für neue Konzepte eröffnet, die sonst vielleicht noch jahrelang nach erstklassigen Standorten hätten suchen müssen. Die rasche wirtschaftliche Erholung und der damit verbundene Optimismus haben dafür gesorgt, dass diese Chancen nun auch tatsächlich genutzt werden.“
Während traditionell wichtige Branchen wie insbesondere Textil oder Schuhe ihre Filialnetze weiterhin eher ausdünnen und auch die durchschnittliche Fläche pro Filiale sinkt, legen neue Segmente deutlich zu. Besonders auffällig ist der Flächenbedarf aus dem Onlinesektor: Online-Supermärkte wie JOKR oder mjam benötigen konsumentennahe Auslieferungsstandorte, um rasche Zustellungen sicherzustellen. Erfolgreiche Onlinehändler mieten Flächen an prestigeträchtigen Top-Standorten an, wobei diese Flagshipstores primär der Schärfung des Markenprofils und der Präsentation von Produkten dienen, der eigentliche Verkauf findet weiter im Netz statt.
Ebenfalls sehr aktiv ist die Gastronomie. Die Nachfrage konzentriert sich dabei auf die etablierten Ausgeh- und Freizeitbereiche wie etwa in Wien innerhalb des Gürtels, wobei vereinzelt auch absolute Spitzenstandorte wie etwa am Graben (Burger-Kette Five Guys) angemietet werden. Zunehmend werden aber auch Standorte in Stadterweiterungsgebieten mit stark wachsender Einwohnerzahl gesucht. Dort ist die Konkurrenzsituation meistens weniger angespannt als im Zentrum, zudem werden teilweise deutlich niedrigere Quadratmetermieten verlangt.
Bemerkenswert ist, in welch hohem Ausmaß Newcomer an den Start gehen: „Es herrscht echte Aufbruchsstimmung“, sagt Schwaiger. „Es gibt zahlreiche Markteintritte innovativer internationaler Konzepte wie etwa Huawei, Maisons du Monde oder Teufel. Auch österreichische Unternehmen suchen verstärkt nach Möglichkeiten, in andere Städte zu expandieren. Insgesamt führt das dazu, dass das Bild unserer Einkaufsstraßen und Einkaufszentren bunter wird: Ein breiterer Branchenmix, mehr Gastronomie, mehr Dienstleistung und wegen der sinkenden Filialgröße auch mehr Geschäftslokale. Dieser Trend macht den klassischen Einkaufsbummel wieder attraktiver und trägt dazu bei, dass der ortsgebundene Einzelhandel keine Sorge haben muss, mit der Onlinekonkurrenz nicht mithalten zu können.“
Wenig Bewegung gibt es hingegen auf der Angebotsseite: Auch 2021 wurden nur in sehr geringem Maß neue Einzelhandelsflächen fertiggestellt, hauptsächlich im Rahmen gemischtgenutzter Objekte, etwa in EG-Zonen von Wohnanlagen. Gleichzeitig werden kontinuierlich schlecht performende Flächen aus dem Markt genommen, sodass die gesamte österreichische Einzelhandelsfläche heuer voraussichtlich um rund ein bis 1,5 Prozent zurückgehen wird.