Research | Herausforderndes Umfeld beschleunigt Strukturwandel bei Nutzung von Einzelhandelsflächen
- Ausdünnung von Filialnetzen und Marktrückzüge erleichtern Markteintritte und Expansion neuer Player
- Flächenreduktion und Umnutzungen auch an Top-Standorten
- Attraktiv gestaltete Straßen eröffnen neue Möglichkeiten für Retailer, Gastronomie und Dienstleister
Die herausfordernde Situation für den österreichischen Einzelhandel führt auch zu einem gesteigerten Veränderungsdruck bei der Nutzung von Einzelhandelsflächen. Die durchschnittliche Vertragsdauer wird kürzer, es kommt zu mehr Umnutzungen von Bestandsflächen und defensive Standortstrategien etablierter Marktteilnehmer eröffnen gleichzeitig gute Chancen für neue Player, die auch für durchaus zufriedenstellende Nachfrage nach freiwerdenden Flächen sorgen. Die Leerstandsraten sind daher trotz der schwachen Konjunktur auf einem niedrigen Niveau verblieben, wie der heute publizierte EHL-Geschäftsflächenbericht 2024/25 ausweist.
„Der Einzelhandel steht einerseits vor einer schwachen Konjunktur und stagnierendem Konsum, andererseits mit steigenden Personalkosten konfrontiert. Diese Entwicklungen hinterlassen auch auf dem Einzelhandelsmarkt deutliche Spuren“, erklärt Michael Ehlmaier, Geschäftsführender Gesellschafter von EHL Immobilien, anlässlich der Publikation des EHL-Geschäftsflächenberichts 2024/25. „Das geänderte Umfeld erfordert von Vermietern und Mietern neue Strategien und mit diesen ist es bisher auch weitgehend gelungen, die Leerstandsraten auf einem niedrigen Niveau stabil zu halten und damit für einen funktionierenden Markt zu sorgen.“
Der Veränderungsdruck zeigt sich dabei in vielfältiger Weise. Auffällig ist eine deutliche Verkürzung der Vertragslaufzeiten. „Die frühere Standarddauer von 7 bis 10 Jahren ist heute eher die Obergrenze und diverse Öffnungsklauseln sichern den Mietern mehr Flexibilität denn je“, erläutert Mario Schwaiger, Experte für Einzelhandelsimmobilien bei EHL Gewerbeimmobilien. „Das führt zu einem gewissen Risk-Sharing zwischen Mieter und Vermieter.“
Hand in Hand geht damit auch eine deutlich gestiegene Fluktuationsrate. Einerseits gibt es weiterhin zahlreiche etablierte Marktteilnehmer, die ihre Filialnetze ausdünnen oder sich aus Österreich zurückziehen, andererseits nutzen Newcomer und offensiv agierende Retailkonzepte die entstehenden Lücken an durchaus attraktiven Standorten für einen forcierten Expansionskurs. „Hohe Fluktuation ist für Vermieter zweifellos eine Herausforderung, aber sie ist auch eine große Chance, die Mieterstrukturen in Einkaufs- und Fachmarktzentren sowie in Einkaufsstraßen zukunftsorientiert weiterzuentwickeln“, betont Schwaiger die positiven Aspekte der aktuellen Marktsituation.
Der Strukturwandel schlägt sich auch in verstärkten Umnutzungen nieder. An schwächeren Standorten werden nicht konkurrenzfähige Flächen aus dem Markt genommen, in guten und sehr guten Lagen kommt es primär zu Umnutzungen, etwa für Büros, Hospitality oder Wohnen. „Insbesondere Flächen im ersten oder gar zweiten Stock sind für Retailer oft nicht mehr attraktiv. In eine Neunutzung zu investieren, ist daher oft unvermeidlich und bietet auch gute Möglichkeiten auf nachhaltig gesicherte Vermietung und Erträge“, erklärt Schwaiger.
Deutlich besser als der allgemeine Markttrend entwickeln sich Einzelhandelsflächen in umfassend neugestalteten Straßen. Die etwa durch Begrünungen, mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer und großzügige Aufenthaltsflächen attraktiviert wurden. Schwaiger: „Hier trägt der öffentliche Raum wesentlich zum Konzept des ganzheitlichen Einkaufserlebnisses bei und das ist und bleibt der wichtigste Pluspunkt des klassischen Einzelhandels gegenüber der Onlinekonkurrenz. Zusätzlich führt eine hohe Aufenthaltsqualität in diesen Straßen zu einer steigenden Präsenz von Gastronomie und Dienstleistungen, was die Verweildauer und damit den Umsatz pro Kunde erhöht.“
Der neue EHL Geschäftsflächenbericht 2024/25 kann unterwww.ehl.at/gfb2024abgerufen undherunterladen oder hier kostenlos in gedruckter Form bestellt werden.