Presse/News | Expo Real 2023: Die Trends bei Europas größter Immobilienmesse
Zurückhaltung bei Investments, Offensive bei Innovationen
Das schwache wirtschaftliche Umfeld auf den europäischen Immobilienmärkten und die höchsten Zinsen seit mehr als 10 Jahren prägen auch die Stimmung bei der Expo Real, der wichtigsten Immobilien- und Standortmesse im deutschsprachigen Raum, bei der auch heuer wieder bis zu 40.000 Teilnehmer erwartet werden. Besonders zurückhaltend ist die Branche bei Investments, sowohl was den Start von Entwicklungsprojekten als auch den Erwerb von Bestandsobjekten anbelangt. Dafür wird umso intensiver an der Optimierung des Immobilienbestandes und neuen Konzepten sowie Strategien gearbeitet, mit denen die gegenwärtigen Herausforderungen auf finanzieller und ökologischer Seite optimal bewältigt werden können.
Kostendruck und Dekarbonisierung sind zentrale Herausforderungen
„Die Märkte befinden sich derzeit in einer ambivalenten Situation“, erklärt Michael Ehlmaier, Geschäftsführender Gesellschafter von EHL Immobilien. „Einerseits gibt es in vielen Bereichen, insbesondere im Wohn-, aber durchaus auch im Bürosegment, großen Bedarf an adäquaten Flächen, andererseits lohnt es sich für Entwickler und Investoren vielfach dennoch nicht, Projekte tatsächlich zu starten. Die hohen Grundstücks-, Errichtungs- und Finanzierungskosten, aber auch die wirtschaftlichen Belastungen, die aus der Umsetzung der EU-Taxonomie bzw. der bevorstehenden Dekarbonisierung resultieren, sind für die Branche eine nur schwer zu verdauende Gemengelage. Vor dem Hintergrund der sich abschwächenden Konjunktur hat die Branche daher mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Suche nach Kostensenkungspotenzialen ist deshalb eine zentrale Herausforderung, das zeigt sich auch am großen Interesse für die zahlreichen Startups, die mit weiterer Digitalisierung, Automatisierung, Standardisierung und teilweise dem Einsatz künstlicher Intelligenz die notwendigen Effizienzsteigerungen bringen sollen.“
Investment: Banges Warten auf den Zinsgipfel – oder ist er schon erreicht?
Für die institutionellen Immobilieninvestoren ist die Frage, ob die EZB ihr Programm zur Inflationsbekämpfung durch Zinsanhebungen schon abgeschlossen hat oder ob noch weitere Zinsanhebungen drohen, das alles beherrschende Thema. „Derzeit weiß niemand so recht, wie hoch der ‚Zinsgipfel‘ sein wird oder ob er vielleicht sogar bereits erreicht ist“, so Franz Pöltl, Geschäftsführender Gesellschafter der EHL Investment Consulting. „Solange diese Ungewissheit besteht, werden Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern weiterhin auseinanderklaffen und dementsprechend kommt es nur zu wenigen Transaktionen. Wer aktuell verkaufen muss, ist daher mit sehr herausfordernden Rahmenbedingungen konfrontiert. Das bedeutet aber nicht, dass wir keine Transaktionen umsetzen, sondern dass die Schlagzahl geringer ist und die Objektprüfung sowie die Sicherstellung der Finanzierung wesentlich mehr Zeit in Anspruch nehmen. Positiv ist, dass die Banken bei bestehenden Engagements durchwegs sehr kooperativ sind und mit ihren Kunden Wege suchen, um diese durch die aktuell zum Teil sehr schwierige Zeit zu begleiten und Finanzierungen zu restrukturieren. Das ist auch ein Mitgrund dafür, dass es bisher kaum zu den von vielen befürchteten Notverkäufen gekommen ist.“
Büro: lieber kleiner, dafür feiner
Die schwache Konjunktur schlägt sich aktuell etwas überraschend kaum in höherer Kostensensibilität der Büromieter nieder: „Mehr noch als unter der Konjunkturschwäche leiden die Unternehmen unter Recruitingproblemen und dem Mangel an kurzfristig verfügbaren, hochwertigen Büros an attraktiven Standorten, die beim Werben um gute Mitarbeiter eine wichtige Rolle spielen“, berichtet Stefan Wernhart, Geschäftsführer der EHL Gewerbeimmobilien. „Übersiedlungswillige Unternehmen suchen derzeit selten größere, sondern fast immer qualitativ hochwertigere Flächen. Dafür werden auch zum Teil sehr beachtliche Mietpreise akzeptiert und wenn gespart wird, dann eher an der Größe der Fläche. Hier haben flexible Arbeitszeitmodelle und Remote Work auch gute neue Möglichkeiten eröffnet. Das trägt dazu bei, die gesamten Standortkosten nicht zu stark steigen zu lassen oder einen Wechsel in ein deutlich besseres Objekt insgesamt sogar kostenneutral zu gestalten.“
Retail: Spitzenlagen und Diskontflächen sind die Krisengewinner
Die hohe Inflation hat zu einem deutlich gestiegenen Preisbewusstsein und entsprechend geändertem Konsumverhalten geführt, das sich indirekt auch auf den Markt für Einzelhandelsflächen auswirkt. „Diskonter sind definitiv die großen Gewinner der aktuellen Situation und dementsprechend verzeichnet das Segment der für Niedrigpreisanbieter geeignete Flächen die höchsten Zuwachsraten“, so Mario Schwaiger, Einzelhandelsspezialist bei der EHL Gewerbeimmobilien. „Ähnlich positiv ist die Entwicklung am anderen Ende des Spektrums, den absoluten Spitzenlagen. Die globalen Luxuslabels leiden kaum unter der Kaufkrafterosion und diese betrachten das schwierige Umfeld daher eher als Chance, zu Flächen in Bestlagen zu kommen, auf die sie sonst vielleicht noch Jahre hätten warten müssen. Egal ob auf dem Kohlmarkt in Wien, der Maximilianstraße in München, der Champs Elysees in Paris oder der Via Condotti in Rom – hier findet die Krise nicht statt.“
Wohnen: Neuflächenproduktion hat weiterhin oberste Priorität
Auch auf internationaler Ebene erfordert der bereits stattfindende und sich weiter verschärfende Rückgang bei den Wohnungsfertigstellungen neue Maßnahmen und Strategien. „Die Leerstände bei Wohnungen sind im städtischen Bereich mittlerweile auf ein Rekordtief gefallen, es gibt also nur mehr einen geringen Puffer, um den aktuellen Nachfrageüberhang abzufedern“, sagt Karina Schunker, Geschäftsführerin der EHL Wohnen. „Es wird zu einer der wichtigsten Aufgaben, auch weiterhin genügend Wohnangebot verfügbar zu machen, trotz der aktuellen Herausforderungen am Markt. Maßnahmen zur Ankurbelung des Neubaus etwa durch erleichterte und günstigere Finanzierungsmöglichkeiten, Mobilisierung des Bestands durch Attraktivierung der Vermietung und ergänzend einfachere Möglichkeiten zur Umnutzung von Bestandsflächen wie z.B. in Einzelhandelsobjekten sind daher eine dringliche Aufgabe der Wohnbaupolitik. Das gilt an sich für ganz Europa, aber in Österreich ist die Situation doch noch deutlich schwieriger als in den meisten anderen Märkten.“